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Der Zucker ist immer noch da, er hat nur eine andere Form angenommen Interview mit Stephen Prina von Beatrice von Bismarck

Stephen Prina

In letzter Zeit gab es in Gruppenausstellungen und in Kunstinitiativen im öffentlichen Raum die Wiederkehr einer Tendenz, einzelne künstlerische Positionen in räumlicher Trennung voneinander zu präsentieren. Diskursive oder soziale Öffnungen oder Überschneidungen sind durch die Konstruktion separater "Schachteln in Schachteln" ersetzt. Auch in dieser Hinsicht wirft die Documenta 11 einige wichtige Fragen auf. Jeder einzelne ihrer Veranstaltungsorte weist eigene Charakteristika auf: So findet man in der Documenta-Halle soziale und an Prozessen orientierte Projekte in einer großzügigen, offen wirkenden Umgebung; die Binding-Brauerei konfrontiert einen mit kleineren, voneinander abgetrennten Einzelräumen; der Kulturbahnhof kann als ein Versuch gelesen werden, die beiden Modelle der Abgrenzung und Zusammenführung miteinander zu kombinieren; die Präsentationsweise im Fridericianum schließlich trägt am deutlichsten musealisierende Züge.

Beatrice von Bismarck: Wie gelungen erscheinen Ihnen die räumlichen Differenzierungen der Documenta11? Bei welchen Arbeiten oder räumlichen Situationen scheinen Ihnen diese erfolgreich? Und wo würden Sie, was die Behandlung ästhetischer und sozialer Räume betrifft, die Documenta11 innerhalb der Diskurse über zeitgenössische Kunst verorten?

Stephen Prina: Bevor ich nach Deutschland kam, habe ich mit Jeremy Gilbert-Rolfe, einem Kollegen am Art Center College of Design gesprochen. Wir fanden, was auch immer nun die kuratorische Besonderheit der Documenta war oder ist, dass sie immer nur geeignet war, einen winzigen Ausschnitt der kulturellen Produktion zu bieten - und in dieser Hinsicht scheint sich diese Documenta absolut nicht von den anderen zu unterscheiden. Bei dieser gab es eine ganze Reihe unterschiedlicher parteiischer Sichtweisen, aber eigentlich nur ein paar künstlerische Praktiken, denen wirklich Rechnung getragen worden wäre. Da war zum Beispiel Hanne Darboven in diesem höchst prominenten Zentralraum des Fridericianums, in diesem mehrgeschossigen Kanal. Mir scheint, dass dieser Raum immer wieder in ganz eigener Weise funktioniert, alles strahlt von ihm aus. Ich stelle mir die Frage, was es bedeutet, dass Hanne Darboven - mit genau dieser Arbeit - an dieser Stelle gezeigt wird. Wessen Hanne Darboven ist hier produziert worden? Für mich war es nämlich ein Schock des Wiedererkennens - eigentlich des Nicht-Wiedererkennens -, Darboven dort wiederzusehen. In den letzten zwanzig Jahren hat sie in vielen verschiedenen Gebieten und Disziplinen gearbeitet, mit verschiedenartigen Materialien, die zum Teil stark als kulturelle Zeichen kodiert waren. Ich betrat also diesen Raum, um zu sehen, womit sie sich beschäftigt hat, und da waren einige ergänzende Materialien, aber im Grunde waren da die Textarbeiten, die sie gemacht hat, und ich glaube, darin kann man eine Art Rückkehr innerhalb ihres eigenen Werks sehen. Wie ist es dazu gekommen, dass es gerade diese Arbeit war, die ausgewählt wurde? Oder ein anderes Beispiel aus dem Friedericianum, On Kawara: Nun ist er einigermaßen berühmt dafür, dass er sich nicht direkt an der Präsentation seiner Arbeit beteiligt. Es gibt da eine Geschichte, die mir gefällt: Als er bei Sperone Westwater in New York ausstellte, befand sich sein Atelier gleich nebenan - und er ging nie hinüber, um sich die Ausstellungen anzuschauen, das hat ihn nicht interessiert. Aber das ging über Desinteresse hinaus, er hatte einfach nichts damit zu tun. Wessen On Kawara ist also auf der Documenta zu sehen? Ich würde sogar fragen: Ist das mein On Kawara? Ich glaube nicht. Das Kuratorenteam hat sich dafür entschieden, einen ganz spezifischen Aspekt bei On Kawara zu theatralisieren.

Von Bismarck: Gab es Momente, bei denen Sie sagen würden, dass in Kassel der aktuellen Tendenz zum Einrichten abgetrennter, symbolischer Einzelräume im öffentlichen Raum Rechnung getragen wurde?

Prina: Meine Reaktion auf Ken Lums "Mirror Maze" im Auepark hat zum Beispiel damit zu tun. Als ich es betrat, dachte ich, diese Installation könnte eigentlich irgendwo sein, warum ist sie hier? Sie hätte auch in der Brauerei stehen können, in einer der Raumzellen dort. Aber als ich später noch einmal darüber nachdachte, erschien es mir wieder ganz wirkungsvoll, denn es handelt sich um einen freistehenden Raumkörper, der sich von den anderen Raumsystemen unterscheidet, auch dadurch, dass der Innenraum nicht rechtwinklig angelegt ist. Draußen dagegen ist alles streng rechtwinklig angelegt, und diese Regelmäßigkeit stellt sich auch wieder ein, wenn man die Struktur beim Zurückblicken von außen betrachtet. Die Erfahrung im Innenraum war eine ganz andere.

Von Bismarck: Denken Sie, dass auch die Wirkung anderer Arbeiten durch ihre Platzierung im Außenraum verstärkt wurde?

Prina: Eine andere Arbeit, die mir in dieser Hinsicht auffiel, war das Bataille-Monument von Thomas Hirschhorn. Ich stand vor der Brauerei und sah dieses riesige Sperrholzschild, das in diesem unglaublich kantigen Stil von "Graffiti" und "Befreiung" gemacht war, mit diesem David-Hammons-Zitat, das da benutzt wird, ungefähr im Sinne von "Wer braucht überhaupt Kunst, es sind ja doch alle überausgebildet und nur daran interessiert, einen zu kritisieren, ich dagegen will meine Arbeiten in die Öffentlichkeit bringen ..." Dann die Verheißung eines "free ride" ... Ich hab mir das angeschaut und sah Leute, die mehr als eine Stunde auf ihre Freifahrt mit dem bemalten Mercedes gewartet haben, der sie zum Schauplatz der Arbeit und zurück fahren sollte. Ich dachte mir, ach, vielleicht habe ich noch morgen früh Zeit, bevor ich zum Bahnhof gehe, ich kann mir ja ein Taxi nehmen, um dahin zu fahren. Dann habe ich noch mal darüber geschlafen und mir schließlich gedacht, nein, ich treffe die politische Entscheidung, mir das Bataille-Monument nicht anzuschauen, denn offenbar will Hirschhorn mich gar nicht dort haben, wahrscheinlich wäre es ihm viel lieber, wenn ich mich zurückhielte, dort zu sein, also gehe ich nicht hin. Das ist genau die Art von Zeug, auf das die Kunstwelt hereinfällt, der rebellische Provokateur, der sich auf "unerwartete Weise" zurückziehen muss, nur um dann letzten Endes doch die Belohnung einzuheimsen. Eigentlich positioniert er sich nur immer und immer wieder in einem Machtverhältnis. Das ist die Art Sprache, auf die er sich dabei verlässt, und das kehrt mit solcher Regelmäßigkeit und solcher Durchsichtigkeit in seinen Arbeiten wieder - ich kann einfach nicht glauben, dass die Leute immer wieder darauf hereinfallen.

Von Bismarck: Als Geste hat es wohl mit einigen Positionen der siebziger Jahre zu tun, mit Daniel Buren vielleicht. Durch die Art, wie er sich Raum aneignete, beanspruchte er auch eine ungeheure Autorität für sich, er kontrollierte ganze Ausstellungen, die Sixth Guggenheim International Exhibition in New York (1971) oder die documenta 5 (1972) ...

Prina: Ich erinnere mich, davon gelesen zu haben, und ich habe mich gefragt, ob ich mich gegen seine Teilnahme an einer Ausstellung mit einer solchen Arbeit ausgesprochen hätte, wäre ich einer der beteiligten Künstler gewesen. Und ich denke, ich hätte mich nicht dagegen ausgesprochen. Es ging um eine subtile Balance von Effekten, ich habe eine ganze Weile darüber nachgedacht. Ich erinnere mich auch, dass sich John Baldessari einmal über eine ähnliche Situation aufgeregt hat, einige seiner Arbeiten wurden in einer Ausstellung in Europa gezeigt, und als sie ihm Raumansichten schickten, sah man Buren-Streifen um jedes einzelne Bild herum ... Wenn ich mich recht entsinne, war Baldessari deswegen nicht gefragt worden. Es ging gar nicht so sehr darum, dass da diese Streifen waren oder dass sie die Baldessari-Arbeiten gestört hätten, ich denke, er wurde nicht gefragt, weil es für selbstverständlich gehalten wurde, dass Buren so und nicht anders arbeitet. Ich habe einmal an einer Ausstellung teilgenommen, die Colin de Land zusammengestellt hatte. Da gab es diese rot-weiße Buren-Tapete, ich hatte meine "Exquisite Corpse"-Serie an den Wänden, es gab außerdem noch ein Möbel-Arrangement von Ken Lum und andere Beiträge. Wir wussten alle, was uns erwartete und hatten kein Problem damit, und ich dachte mir, wenn meine Arbeit nicht gegen die roten und weißen Streifen von Buren ankommt, dann brauche ich sie nicht zu machen. Es ist meine Entscheidung, ob ich in diesem Arrangement mitmache oder nicht. Ich freue mich über die Herausforderung, in allen möglichen Raumsituationen an Ausstellungen teilzunehmen: Entweder man akzeptiert die Einladung oder nicht. Das Wichtige und Interessante sind die politischen Diskussionen über die Bedeutung solcher Transaktionen.

Stephen Prina, 2 Stephen Prina, 3

Von Bismarck: In Ihrem Werk kontextualisieren und rekontextualisieren Sie offenbar Ihre eigenen Arbeiten, als kuratierten Sie eine Ausstellung mit mehreren verschiedenen Künstlern - als machten Sie sich innerhalb ihres eigenen Werks zu einem "Anderen". Diese Methode wenden Sie nicht nur auf historische Künstler und ihre Werke an, sondern auch auf Zeitgenossen ...

Prina: Ja, zum Beispiel mit Danièle Huillet und Jean-Marie Straub, aber auch mit Popmusik, mit Sonic Youth und Steely Dan im Rahmen meiner "Sonic Dan"-Performance.

Von Bismarck: Hatten Sie vorher mit denen gesprochen?

Prina: Nein, ich hatte nie Gelegenheit, Walter Becker oder Donald Fagen von Steely Dan kennen zu lernen, aber danach habe ich mit Kim Gordon und Thurston Moore gesprochen, ich glaube, Mike Kelley hatte ihnen von der Sache erzählt. Es gab keine Spannungen, ich glaube, es hat ihnen sogar gefallen. Ich bin so aber auch mit Arbeiten von Robert Ryman und Gerhard Richter vorgegangen, im Rahmen meines "Monochrome Painting"-Projekts. Dieses Projekt wurde im P.S.1 als Einzelausstellung präsentiert, es war eine Folge von drei Räumen, die ursprünglich von Robert Ryman entworfen sind, und Ryman war auch der erste, der dort ausgestellt hat. Als ich von dem Projekt erfuhr, wusste ich nicht, dass es um diese Räume ging, meine Arbeit ist nicht für sie gemacht. Ich bekam die Hälfte des Geschosses, in der anderen Hälfte wurde eine Werkschau von Marcia Hafif gezeigt. Robert Ryman kam zur Eröffnung, und da stand er dann in der Ausstellung. Das war der einzige Moment, in dem ich einmal wirklich nervös gewesen bin! Ich hoffte, er würde nicht denken, dass ich eines seiner Gemälde als "Überbrückung" in einer meiner eigenen Arbeiten benutzte oder dass ich mich über ihn lustig machte. Kuratiert hat die Ausstellung damals Chris Dercon, er kannte Ryman und sprach ihn darauf an. Rymans Antwort war seltsam und, wie ich finde, sehr komplex und sehr großzügig. Die Ausstellung vor meiner war André Cadere gewidmet, und Ryman besitzt einen Cadere, den er für die Ausstellung ausgeliehen hatte. Seine Antwort: "Als Nachfolger des André-Cadere-Rückblicks ist das eine sehr interessante Ausstellung."

Von Bismarck: Welche Rolle spielt diese Konstruktion eines "Anderen" für Sie heute in Ihrer Ausstellungspraxis?

Prina: Zu einem bestimmten Zeitpunkt wurde das - theoretisch und praktisch - zu einem wichtigen Fokus meiner Arbeit. Ich denke, das hat mit der Aneignung von anderen Arten kultureller Objekte zu tun, vor allem mit Appropriation, wie sie Mitte der Achtziger diskutiert worden ist - der Tod des Autors, die Frage nach dem Original. Ich habe oft gedacht, dass die Appropriation-Debatte eine etwas simple Vorstellung von der angeblichen Überlegenheit des sich seiner selbst bewussten Künstlers vertrat. Zu dieser Zeit habe ich mich sehr mit einer Passage aus Roland Barthes' Autobiografie beschäftigt, in der er über den Unterschied zwischen Destruktion und Dekomposition spricht. Er schrieb in den siebziger Jahren, die Destruktion könne vielleicht an bestimmten Orten in Betracht gezogen werden, damals zum Beispiel in China, als die Gesellschaftsordnung so vollkommen reformuliert war, dass eine Veränderung der kulturellen Produktion möglich schien. Aber Barthes sagte, ihm als französischem Bourgeois stehe eine solche Sprecherposition nicht an, denn für ihn komme es unweigerlich dem Gebrauch einer demagogischen Sprechweise gleich, einen Wechsel in der kulturellen Ordnung vorzuschlagen. Darum favorisierte er die Dekomposition gegenüber der Destruktion - er verglich das mit dem Vorgang, den man beobachten kann, wenn man einen Zuckerwürfel in eine Tasse Tee wirft: Der Zucker ist immer noch da, er hat nur eine andere Form angenommen, und wir nehmen ihn in anderer Form zu uns. Er sagt aber auch, dass jeder kritische Akt notwendig die kritisierende Person mit zu berücksichtigen habe. Ich habe mir diese Verfahrensweise also als eine Art Korrektiv meiner eigenen Arbeit vorgestellt, nicht um Fehlinterpretationen richtig zu stellen, sondern weil ich einen Weg finden musste, um mich selbst in meine Arbeit einzufalten.

Von Bismarck: Hat es für Sie auch Situationen gegeben, in denen dieses "Sich-selbst-zum-Anderen-Machen" in Konflikt mit anderen, mit anderen Geschichten geraten ist?

Prina: Nicht, dass ich mich erinnern würde. Ich kann das ein wenig umdrehen: Einige Künstler sind sehr an einer totalen Kontrolle über ihre Arbeit und der Präsentation ihrer Arbeit interessiert. Ich habe eine ganz andere Einstellung dazu. Wenn mich jemand darum bäte, eine Arbeit für eine Ausstellung auszuleihen, dann würde ich das grundsätzlich erst einmal unterstützen, denn zunächst einmal ist ja die Vorstellung, dass ein Kurator meine Arbeit für geeignet hält, auf andere ästhetische Ideen zu kommen, ganz ehrenvoll. Und es läge mir fern, so etwas zu verhindern oder zu verbieten. Einerseits mag ich die Situation, die entsteht, wenn eine Arbeit hin zu etwas anderem deformiert wird, wenn sie dabei einer anderen narrativen Sphäre angepasst wird - und andererseits ist sie aber auch schlicht unvermeidlich. Das findet immer wieder statt, Einzelausstellung oder nicht, es gibt immer diesen Aspekt. Ich habe einmal eine Arbeit ausgestellt, und im Nachbarraum war eine Arbeit von David Hammons. Er hatte den Kuratoren nicht genau gesagt, was er dort machen wollte - was wohl zu seiner üblichen Arbeitsweise gehört -, er hatte sie nur gebeten, bestimmte Sachen anzuschaffen. Er kam im letzten möglichen Moment in den Ausstellungsraum und hatte sich eine dieser Farbmischmaschinen besorgen lassen, wie sie im Farbenladen verwendet werden. Er steckte einen Basketball in solch eine Maschine, und die war mit einem Timer verbunden, der wiederum an einen tragbaren cd-Player angeschlossen war. Die Maschine wurde also von Zeit zu Zeit eingeschaltet, der Ball bewegte sich auf und ab, und der cd-Player spielte ein Stück von James Brown. Einer der für David Hammons interessanten Aspekte war sicher, auf diese Weise zu sagen: "Ich bin nicht der quoten-afroamerikanische Künstler in eurer weißen Ausstellung." Wenn die Maschine sich einschaltete, fing das gesamte Museum an zu beben, und zusammen mit der James-Brown-Musik wurde das ziemlich laut. Meine Arbeit war nebenan, und als alles schon aufgebaut und entschieden war, kamen die Kuratoren zu mir und fragten, ob ich ein Problem wegen des Krachs hätte? Ich sagte, nein, ich schätze David Hammons' Arbeit sehr, und wenn meine Arbeit nicht dagegen ankommt, dann brauche ich sie gar nicht erst zu machen. Dann müsste ich eine andere Art von Kontrolle über mein Werk ausüben, und ich entscheide mich dagegen.

Von Bismarck: Denken Sie, Konflikte über Räume und Einflusssphären in Ausstellungen könnten sich auch positiv auf deren Diskursivität auswirken?

Prina: Ich weiß nicht, ob das hierher passt, aber ich finde, eines der erfolgreichsten Projekte der Documenta ix war 1992 das von Martin Kippenberger. Er hat sich selbst zur Party eingeladen. Vor der Eröffnung kam er mit seiner Klasse nach Kassel und traf dort Jan Hoet. Martin ging in seiner typischen provozierenden Weise direkt auf Hoet zu und fragte ihn: Warum bin ich nicht zur Documenta eingeladen worden? Jan Hoet antwortete, indem er die Documenta, die ihm vorschwebte, in allen Einzelheiten beschrieb, und schließlich sagte Martin, ja, okay, verstehe, ich habe keinen Platz in dieser Documenta. Aber dann nahm er eine seiner betrunkenen Laternen, stellte sie auf den versenkten Kilometer und machte ein schönes Foto, aus dem er dann ein Plakat machte - und so war er im Katalog! Im Rückblick sieht es für mich so aus, als habe Kippenberger uns alle wieder in die Tasche gesteckt, denn er musste nicht all die entwürdigenden Prozeduren der Documenta-Vorbereitung über sich ergehen lassen. Es war nicht zu vergleichen mit dem, was ich durchzumachen hatte, um an der Documenta ix teilzunehmen, und ich konnte viel lernen von Martins Fähigkeit, ästhetische Konflikte sofort zu erfassen und ihnen auf unglaublich präzise Weise eine Form zu geben. Ich glaube, ich war 1992 nicht fähig, so etwas zu tun, ich war nicht so flink wie er, nicht wach genug, um wie er die Gelegenheit zu ergreifen, den Konflikt zu artikulieren. Ich war der Brave, habe mir lange vorher den Ausstellungsort angeschaut und ließ mir bei der Begehung einen Platz zuweisen. Zwei Monate vor der Eröffnung bekam ich ein Fax: Sorry, der ursprünglich für Sie vorgesehene Raum wurde James Coleman gegeben, wir würden Ihnen stattdessen gerne einen anderen Raum anbieten. Das war zunächst ein Raum mit Brokatbespannungen, die sehr schön waren - aber leider nicht geeignet für meine Arbeiten ... Dann boten sie mir ein Treppenhaus an, na ja, architektonisch ganz anspruchsvoll, aber ich glaube, auch das ist nicht akzeptabel ... und die Diskussionen, was nun ein geeigneter Raum für meine Arbeiten wäre, nahmen kein Ende. Ich habe es nicht geschafft, das dort in die Arbeit selbst einzufalten - aber Martin mit seiner Wachheit bei solchen Fragen hat es uns allen gezeigt!