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Martin Prinzhorn

Nichts für Freunde der Malerei, aber auch nichts für ihre Feinde Albert Oehlen in der Secession, Wien

Albert Oehlen in der Secession, 1 Albert Oehlen in der Secession, 2

Wenn, in regelmäßigen Abständen von einigen Jahren, wieder eine neue Malereirenaissance unter dem erleichterten und umso reaktionäreren Motto "Man darf jetzt wieder" ausgerufen wird, dann ist Albert Oehlen eigentlich nie ein zentraler Teilnehmer an solchen freudigen Aufgeregtheiten. Schon am Beginn seiner Karriere in den achtziger Jahren, als Expressivität, Humor und gute Laune wieder mit dem Medium in die Kunstszene reingebracht werden sollten, wurde sein Humor - wie auch der seines Freundes und Kollaborateurs Kippenberger - von einer breiten Kunstöffentlichkeit eher als zynisch und abartig empfunden und nicht als Beitrag zur allgemeinen guten Laune. Der seit den späten Neunzigern und jetzt noch immer stattfindende Malereihype steht an der Oberfläche natürlich unter etwas anderen Vorzeichen, da er sich nicht mehr unbedingt als Bruch zu einer vorangegangenen inhaltsbetonten und analytischen Kunst versteht, sondern diese potenziell auch in das Medium inkorporieren will, bzw. das Medium dafür benützen will. Obwohl Oehlen immer wieder die Möglichkeit betont hat, im Grunde genommen alle anderen künstlerischen Verfahrensweisen in die Malerei einzubauen, widersetzt sich seine Kunst aber auch diesem Verständnis von Malerei und genauso wie er sich nicht in den Neoexpressionismus der achtziger Jahre - also dem Malen um des Malens willen - eingliedern ließ, ist es auch nicht möglich, ihn für Modelle einer offensichtlich politischen oder konzeptuellen Malerei zu vereinnahmen.

Auch seine Ausstellung in der Wiener Secession gibt hier keine eindeutigen und direkten Antworten, sondern zeigt eher die Ränder und Reibeflächen auf, an denen sich seine Malerei definieren lässt. Die neuen Arbeiten der Ausstellung gliedern sich in zwei sehr gegensätzliche Werkblöcke, einerseits schwarz-weiße, teilweise sehr gestisch gemalte abstrakte und halbfigurative Ölbilder und collagenartige, teilweise am Computer hergestellte figurative Bilder, die jede Menge Verweise, sowohl auf eigene frühere Arbeiten wie auch auf klassisch gewordene Positionen der Moderne enthalten. Die Architektur der Ausstellung ist für ihr Verständnis ganz entscheidend. Sie besteht aus zwei stirnseitigen Wänden, die den sakralen Raumcharakter der Secession mit einfachsten Mitteln auflösen. Die erste Wand verstellt direkt hinter dem Eingang den Blick in die Ausstellung und die zweite teilt den hinteren, niedrigeren Bereich des Raums noch einmal ab und erzeugt so eine wesentlich intimere und privatere Situation als im Mittelteil. Der öffentliche Kunstraum wird also in der Ausstellung noch einmal definiert. Im hinteren, private Abgeschlossenheit simulierenden Teil sind eine Reihe von collageartigen Bildern gehängt, die Interieurs aus Möbeln, offenen Kaminen und Ähnlichem darstellen, während die große Masse der schwarz-weißen Bildern im "öffentlichen" Mittelteil hängt. Die Ausstellung hat keinen Titel, der Künstler stellt im Katalog nur ein Adornozitat, "Eigentlich kann man überhaupt nicht mehr wohnen", lapidar an den Anfang, und am Ende findet sich ein kurzer Text Oehlens, der sich mit Wohnsituationen und Kunst in diesen auseinander setzt. Dazwischen sind dann neben den Bildern der Ausstellung Collagen und Zeichnungen von Räumen und Kunst in diesen abgebildet, in denen möglichst viele Genres durcheinander gemischt werden. Die Widersprüche und Überlagerungen, die in den Bildern aufgezeigt werden, sind in der Architektur fortgeführt. Oehlen hat zwar schon in früheren Bildern oft Räume abgebildet, aber damals eher noch, um Fragen von Gegenständlichkeit und deren Ideologie in der Malerei zu diskutieren. Hier geht es in einem wesentlich abstrakteren Sinn um die Kontextualisierung von Kunst, und wie immer besteht die Grundeinstellung des Künstlers darin, sich durch Mix und Widersprüchlichkeit möglichst alle Optionen offen halten zu wollen und niemals nur ein bestimmtes gültiges Modell vorzuschlagen. Der Fantasie der Moderne, sich durch Räume eine kontextfreie Situation für das Bild schaffen zu wollen, kann so ebenso widersprochen werden wie der Annahme, Inhalte mittels Malerei losgelöst von ihrer Situierung und deren Geschichte zu transportieren. Draußen, im inszenierten öffentlichen Raum der Kunst hängen die meisten der Schwarz-Weiß-Bilder mit ihren zahlreichen angedeuteten formalen Referenzen, die von Bacon bis zu fragmentierten Picassofiguren reichen, sich dann aber immer wieder in eine wolkenartige Unschärfe auflösen. Der volle Griff in die Formensprache steht dabei in einem völligen Gegensatz zur Reduktivität, die man normalerweise mit Schwarz-Weiß-Bildern von Richter bis Wool verbindet. Hier ist also die Farbe aus den Bildern tatsächlich herausgenommen und beim Betrachten will sie immer rekonstruiert werden. Dafür ist die Farbe in der anderen Werkgruppe umso mehr vorhanden, wo mittels Computertechnik und Übermalung die Figuren wie in einem aus den Fugen geratenen Surrealismus das Bild besetzen. Hintergründe sind zwar oft in den orange-grün-grauen Farben früherer Bilder gehalten, dann aber knallen wieder helle leuchtende Farben im Überschuss. Ein kontemplativer Genuss wird durch die Herausnahme in den einen Bildern genauso verhindert wie eine Fokussierung auf die Inhalte durch die bis an die Grenze des Kitsches gehende Überladung in den anderen Bilder. Die so entstehenden Spannungen lassen keine Affirmation oder auch nur Verankerung in irgendeine Richtung zu, weder den puren malerischen Ausdrucksmitteln, noch einer funktionalisierten Haltung dem Bild gegenüber, das einfach nur als ein Medium unter vielen benutzt werden kann, um Inhalte oder Konzepte zu transportieren. Oehlen hält damit weiter sowohl die Freunde als auch die Feinde der Malerei in einer sicheren Distanz zu seinem Werk. Genauso wie er in dieser Ausstellung den öffentlichen und den privaten Raum der Kunst als letztendlich unhaltbare Projektion inszeniert und genauso wie er in früheren Arbeiten die Grenzen zwischen gegenständlicher und ungegenständlicher Malerei als historische Episode herausgestellt hat, wird in den Bildern sowohl einem Ansatz, der sich auf den formalen Ausdruck beruft wie auch einem, der das Medium über die gezeigten Inhalte rechtfertigt, widersprochen.