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This User pays for Images

03.03-18.04.09 / Harun Farocki / Galerie Barbara Weiss

Wenn für jemanden das leicht dämliche Label „FilmFilm" erfunden wurde, könnte das eventuell Harun Farocki gewesen sein, der kommenden Herbst eine Retrospektive in der Tate-Gallery haben wird. In der Galerie Barbara Weiss sind jetzt drei Filminstallationen der letzten Jahre zu sehen, die zeigen wie schlau und verführerisch man Medienreflexion und/oder bewegte Bilddidaktik benutzen kann, ohne dass derlei zähe Begrifflichkeiten beim Betrachten in den Schuhen und Augen kratzen. Alexander Kluge, Chris Marker, Hartmut Bitomsky sind Namen & Arbeitsweisen, zu denen Harun Farockis Methoden der Bildforschung passende, aber auch sehr eigenständige Positionen liefern. Zwei Filminstallationen arbeiten mit Farockis typischem Doublescreening. Der Mensch hat zwei Augen, also braucht er auch zwei Blickpunkte gleichzeitig zum Fixieren und Betrachten. Welch beträchtliches bildnerisches Potential man aus Statistiken und Infografiken ‚in motion' herauskitzeln kann, demonstrieren insbesondere zwei Filminstallationen der Ausstellung, beide jeweils als Auftragsarbeiten entstanden, auf sehr unterschiedliche Weise: Gegen-Musik (2004) versucht eine Art Tagesprotokoll einer Großstadt wie Lille mit Hilfe städtischer Überwachungs- und Kontrolltechnologien zu remixen: Infrarottechnologien zur Zählung des Passantenaufkommens in der U-Bahn oder eine Art filmischer Anti-Bewegungsmelder, der verhaltensauffällig unbewegte Passanten herausfiltert .... In dem bedeutungsoffenen Filmessay wird all das wird mannigfaltig sinfonisch verquickt - auch mit Bildmaterial der historischen Begründer des Großstadtfilms Dziga Vertov (Der Mann mit der Kamera, 1929) und Walter Ruttmann (Berlin - Die Sinfonie einer Großstadt, 1927).

Auch wenn sich mittlerweile in puncto Überwachungssoftware einiges getan haben dürfte, entsteht hier nach wie vor der Reiz, den jede neue Technologie en passant mit sich bringt. Gewissermaßen ist da immer irgendwo eine neue Ästhetik im Handschuhfach versteckt. Die frei zu schalten oder abzukoppeln, bedarf es entsprechender Qualitäten. Farocki bezeichnet seinen Schnittplatz wahlweise als Geheimschreiber, was zur wuselig-schwebende Komplexität von Gegen-Musik gut passt, oder als Dechriffiermaschine. Das gelingt mit verblüffend simpler Beredtheit in der Filminstallation Aufstellung (2005). Hier fährt die Kamera einfach über grobgerasterte Piktogramme und Infografiken der fünfziger und sechziger Jahre zu Immigrationsfragen und anderen belasteten Gesellschaftsthemen hinweg. Da springt ohne weiteres Zutun das Entlarvungsteufelchen über Fremdenangst im Adenauermuff zum Gruseln auch noch aus dem kleinsten grafischen Detail.

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291.Stunde im März 2009
Der Taschenbart

Tagesthema ist auch immer noch der Bart von Bonnie Prince Billy. Dieser sprießt bekanntlich seit seiner Umbenennung 1998 unverdrossen vor sich hin. Das Gewächs an seiner Kinnpartie hat wohl inzwischen bestürzende Dimensionen angenommen. Es geht sogar soweit, dass er damit ganz nebenbei und sehr souverän das Männerhandtaschenproblem gelöst hat. Was auch immer man so an Kleinigkeiten für den Tagesbedarf braucht - ipod, Taschenkamm, Kabelkram, Kaugummi, Visacard usw. -, all das lässt sich dort prima diebstahlsicher verstauen. Wenn er morgens von der einen Seite des Berges auf die andere ins Studio wandert, ist das da alles drin. Ähnliche Gründe mögen ja auch schon zum Afrolook geführt haben. Sah jedoch zu bekloppt aus, wenn die Hände beim Suchvorgang immer dort oben am Kopf rumwuselten. Hände in der Nähe des Barts dagegen unterstreichen lässig den Eindruck eines zielstrebigen Denkprozesses.

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168.Stunde im März 2009
Leicht reduziertes Shoppingvakuum

MOTTO Bookshop / Skalitzer Str.68 (Hinterhof)
Open Thursday - Saturday 12.00-20.00
www.mottodistribution.com

Kunstbuchhandlungen kann es nie genug geben. Auch wenn einem manchmal in Anbetracht unzähliger Walther-König-Shops in Berlin etwas bange wird. Noch schöner, wenn plötzlich im Kreuzberger Hinterhof nebenan ein erstaunlich gut sortierter Kunstbuchladen von unbekannter Hand aufmacht. Mit MOTTO ist jetzt eine der schönsten und bestsortiertesten Kunstbuchhandlungen der Stadt hier platziert. Unbedingt erwähnen muss man auch das bezaubernde holzvertäfelte Ladendesign. Kreuzberg ist ohnehin immer noch eine erstaunliche Einkaufwüste. Ansonsten tauchen in der Gegend plötzlich überall Skaterboutiquen auf. Skater sind im Straßenbild aber unsichtbar. Sehr unpraktisch, dieser gelebte Antikapitalismus, falls man denn mal Geld hat. Bier, Kebab, Aspirin und andere Substanzen .... Komatouristen brauchen halt nix anderes. Und nach wie vor werden Neubauten aus alten Dönern fabriziert, denken manche Menschen hier in Oslo und kaufen wieder weniger Berliner Eigentumswohnungen.