Albert Oehlen
Baum (2014)
Ein Baum steht frei in einem weißroten Farbraum, seine Wurzeln in keinem Grund verankert, die Äste weniger Verzweigungen als ein Übereinander von Strichen verschiedener Stärke, einzelne sogar ganz vom Baum losgelöst. Wir sehen hier kaum noch den visuellen Signifikanten eines materiellen Gewächses, vielmehr ist das wiederkehrende Sujet des Baums für Albert Oehlen malerisches Mittel zum Zweck, das Abstraktion und Figuration, Fläche und Raum verhandelt, indem es aus der Bildmitte heraus die Leinwand gliedert.
Bereits in den 1980ern produzierte Albert Oehlen Baumbilder mit dick aufgetragenen Farbschlieren in gedeckten Brauntönen. In den schwungvollen, doch seltsam ebenmäßigen schwarzen Strichen des in der vorliegenden Edition reproduzierten Gemäldes erkennt man hingegen den Duktus des Computerpinsels. So verweisen sie deutlich auf die elektronisch erstellte und anschließend in Öl übertragene Vorlage. Den digitalen Ursprung lässt auch ein „Loch“ im Baumstamm vermuten, das, etwas aus der Mitte nach unten versetzt, den Durchblick auf den weißen Hintergrund zulässt: Spur eines punktuellen Auslöschens des bereits mit der Maus Gemalten, eines Verwischens der Ränder, weiter oben an einer Astgabel in kleinerem Maßstab wiederholt. Baum (2014) stellt damit eine Verbindung zwischen zwei großen Werkreihen Albert Oehlens her: den Baumbildern der 1980er und den abstrakten Computerbildern der 1990er Jahre. Doch immer bleibt das verhandelte Medium die Malerei, dem jede digitale Methode untergeordnet wird. Wir freuen uns, dass wir Albert Oehlen für seine inzwischen vierte Edition für TEXTE ZUR KUNST gewinnen konnten.
Ditone Print, 90 x 60 cm, Auflage: 100 + 20 A.P., auf der Vorderseite nummeriert und signiert, € 350,- zzgl. Versand.