Louise Bonnet
Figure Holding an Orange (2024)
Alabasterbleich, aufgedunsen und häufig in umständlichen Posen verrenkt, greifen die Protagonist*innen der Malerin Louise Bonnet Charakteristika des Barock auf, um seine Ideale sogleich ad absurdum zu führen. Cartoonhaft übersteigerte Rubens’sche Rundungen treffen auf groteske Haltungen, die an Hans Bellmers Puppen erinnern. Wie letztere haben Bonnets Gemälde etwas Melancholisch-Morbides an sich. In „Figure Holding an Orange“, dem Bild, das die Künstlerin für ihre erste TEXTE ZUR KUNST-Edition ausgewählt hat, nachdem es Ende 2023 in ihrer Einzelausstellung „30 Ghosts“ bei Gagosian in New York gezeigt wurde, hält die Figur mit der titelgebenden Frucht nicht nur ein klassisches Vanitasmotiv in der Hand, auch die Farbe ihrer Strumpfhose trägt dazu bei, dass sie zwischen Leben und Tod zu schweben scheint: Während der Oberkörper in vornehmer Blässe erstrahlt und sich ein praller Babybauch abzeichnet, wirken dieser und die Beine wie abgestorben. Grünlich-grau und geschwollen lässt der untere Teil des Körpers an Wasserleichen auf Obduktionstischen denken. Mit solch verstörenden Momenten thematisiert Bonnet vertrackte Aspekte von Körper- und Geschlechtlichkeit, arbeitet sie den kritischen Gehalt ihrer Malerei dabei gekonnt durch humorvolle, absurde Akzent heraus. Die Extremitäten ihrer Figuren sind mitunter von Balken gestützt, wie Aktmodelle sie nutzen, um länger unbewegt und unbequem verharren zu können; die Figur in diesem Bild gibt sich so beinahe lässig. Doch können wir ihr trauen? Mit ihrer seltsamen Pinocchio-Nase, wie sie für Bonnets Protagonist*innen typisch ist (diese ist so lang, dass sie einer eigenen Stütze bedarf), scheint sie andeuten zu wollen, dass sie uns durchaus an unserer herumführen könnte.