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Oliver Precht

Vom Bösen sprechen Reflexionen über das moralische Urteil

Das Urteil ist eine sehr spezielle Handlungsform, die eine Entscheidung beinhaltet und in der Regel aus einer Verhandlung hervorgeht. Zuweilen werden dabei Inhalte zu bloßen Banalitäten, wenn beispielsweise Akteur*innen oder deren Handeln unter dem Begriff des Bösen zusammengefasst werden. Der Philosoph und Literaturwissenschaftler Oliver Precht seziert den Schauprozess als wichtiges politisches Instrument. Mehr denn je gilt es, diesen Prozess als Anlass zur kollektiven und individuellen Selbstbefragung zu nehmen und von jedwedem moralischen Urteil zu unterscheiden.

Als der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro im Januar 2019 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zum ersten Mal die internationale Bühne betrat und das wohlgesonnene, teils euphorische Publikum mit einem bizarren Auftritt verschreckte, war die Enttäuschung groß. Doch so mancher unter den Teilnehmenden konnte, wie ein deutscher Zeitungsartikel zu berichten wusste, „der Tatsache, dass der brasilianische Rechtspopulist auf ganzer Linie enttäuschte, durchaus etwas abgewinnen. ‚Da ist sie wieder‘, sagte ein anwesender deutscher Konzernchef schmunzelnd, ‚die Banalität des Bösen‘.“ [1] Mehr noch als ihr Gegenstand lässt die Süffisanz des „deutschen Konzernchefs“ selbst erschaudern: Diese aufgesetzte Abgeklärtheit und Überlegenheit, bringt sie nicht dieselbe Hilflosigkeit zum Ausdruck, der auch der stete Strom von Empörungen entspringt, all jener mit staatstragendem Ernst in deutschen Feuilletons und in liberalen amerikanischen Zeitungen vorgetragenen Empörungen über das radikal Böse, das uns scheinbar in Gestalt von Bolsonaro oder Donald Trump entgegentritt?

Philosophisch betrachtet bedeutet ein moralisches Urteil zu fällen nichts anderes, als von dem Versuch abzulassen, den Anderen zu verstehen. Und weil der Prozess des Verstehens nur in einer unablässigen und unendlichen Infragestellung der eigenen Vorstellung bestehen kann, macht das moralische Urteil zugleich kurzen Prozess mit der Selbstkritik. Wo ich den Anderen für böse halte, muss ich keine weiteren Fragen stellen: Er ist böse, er erliegt seinem unerklärlichen Hang zum Bösen, seiner bösen Natur, über die ich mich durch das Fällen des Urteils erhebe.

Ein moralisches Urteil ist per definitionem selbstgerecht, es wird dem Anderen per definitionem nicht gerecht. Öffentlich verkündet kann es jedoch eine legitime und sinnvolle politische Strategie darstellen: Als Schauprozess ist es dann nur eben kein moralisches Urteil. Solange es nicht öffentlich gemacht wird, gibt es hingegen wenig Grund dafür, ein solches Urteil zu fällen: Wenn ich denke, dass der Versuch, den Anderen zu verstehen, all jene Antriebe und Motive zu verstehen, die letztlich nicht die seinen sind, wenn ich denke, dass dieser Versuch zum Scheitern verurteilt ist, dann wird der Andere zu meinem politischen Feind und nicht zu einem bösen Menschen. Ein solches – politisches – Urteil hat den Vorteil, dass es im eigenen politischen Interesse und nicht in einem unerklärlichen Hang der menschlichen Natur begründet ist. Dieses Interesse und die daraus resultierenden Handlungen und Urteile kann ich zumindest zu einem späteren Zeitpunkt wieder infrage stellen.

Pieter Bruegel, „Der Blindensturz / The Blind Leading the Blind“, 1568

Pieter Bruegel, „Der Blindensturz / The Blind Leading the Blind“, 1568

Wenn Hannah Arendt angesichts des größten und unbegreiflichsten Verbrechens der Geschichte die politische Strategie des Schauprozesses infrage stellt und versucht, den Prozess des Verstehens voranzubringen und die allzu beruhigende Vorstellung eines natürlichen Hangs zum Bösen zu überwinden, kann und will sie die Rede vom Bösen doch nicht aufgeben. Angesichts des „Gesetzes des Massenmords“ kommt ihr eine wichtige, weil stabilisierende politische Funktion zu: Eichmanns Richter mussten über das „gesetzlich erforderte ,Schuldbewußtsein‘“ hinaus eine böse Gesinnung annehmen. Auch wenn man, wie Arendt, die Vorstellung der „teuflisch-dämonischen Tiefe“ zugunsten der „Banalität des Bösen“ aufgab, die sie einmal als eine besondere Form der „Dummheit“ definierte, als „Unwille, sich je vorzustellen, was eigentlich mit dem anderen ist“ [2] , konnte es ohne moralisches Urteil kein Gerechtigkeitsempfinden und keine Gerechtigkeit geben. Zweifellos existierten nach dem Zweiten Weltkrieg gute Gründe für eine moralische Perspektive auf die Verbrechen des Nationalsozialismus. Vor dem Hintergrund des wieder erstarkenden Faschismus dies- und jenseits des Atlantiks gilt es heute jedoch, Arendts Impuls zu radikalisieren: Die Unbegreiflichkeit der Verbrechen der Nationalsozialisten muss mehr denn je Grund und Antrieb für einen unabschließbaren Prozess des Verstehens des politischen, sozialen und ökonomischen Kontextes sein – nicht um die vergangenen Verbrechen auf diesen Kontext zu reduzieren oder sie gar zu rechtfertigen, nicht um „die Verantwortung des Täters für seine Tat im Sinne des einen oder anderen Determinismus hinwegzueskamotieren“ [3] , sondern um gegenwärtige und zukünftige Bedrohungen abzuwenden.

Kant betont, dass nicht die Taten, sondern nur die Gesinnung eines Menschen gut oder böse genannt werden können, und dass man daher „das Urteil, dass der Täter ein böser Mensch sei, nicht mit Sicherheit auf Erfahrung gründen“ [4] kann. Wenn er zum Zweck einer „Religion innerhalb der Grenzen der Vernunft“, wenn er aus im weitesten Sinne politischen Gründen die Möglichkeit eines solchen Urteils zulässt, so ändert es doch nichts daran, dass für die Philosophie, die sich die beruhigende Annahme eines unbegründbaren Hangs zum Bösen nicht erlauben sollte, die Grenze zwischen Moral und Politik mit der Grenze zwischen dem Ich und dem Anderen zusammenfällt. Doch nicht einmal diesseits dieser Grenze, „nicht allemal in sich selbst“ [5] , wie Kant schreibt, kann man „das Böse“ mit letzter Gewissheit erkennen: Wer könnte von sich behaupten, alle Antriebe zu kennen, die sich in der eigenen Tat realisierten? Wer könnte von sich behaupten, sich selbst vollkommen durchsichtig zu sein? Und wenn ich weder von mir noch von einem Anderen urteilen kann, dass sie oder er böse ist, hat die Rede vom Guten und vom Bösen dann überhaupt einen anderen als den politischen Sinn der Beruhigung und Stabilisierung? Ist Moral dann nicht das eigentliche „Opium des Volkes“?

Anna Maria Maiolino, „O Herói“, 1966

Anna Maria Maiolino, „O Herói“, 1966

Emmanuel Levinas hat in seinem wenige Jahre nach Kriegsende verfassten Essay „Ich und Totalität“ [6] das Verhältnis von Politik und Moral auf eine unerwartete und radikale Weise bestimmt. Gewöhnlich wird sein Werk mit der Vorstellung einer radikalen Ethik assoziiert, mit einer intimen und gewaltfreien Beziehung zum Anderen, einer Beziehung „von Angesicht zu Angesicht“, die in einem ereignishaften Augenblick gestiftet wird, in dem die existenziale, alles Handeln und Denken bedingende Abhängigkeit vom Anderen plötzlich in die eigene Welt hereinbricht. Nur in einer solchen, jäh aufbrechenden „intimen Gemeinschaft“ ist nach der Lehre von Levinas überhaupt ein moralisches Verhältnis möglich, nur hier könne man sich dem heroischen Prozess des Verstehens des Anderen hingeben. Der Versuch, dem Anderen in diesem endlosen Prozess des Verstehens, der Selbstkritik, gerecht zu werden, ist allerdings – und darin liegt das Unerwartete und Radikale seiner Lehre – selbst schon ungerecht, weil er immer einen Dritten ausschließt, weil die Öffnung gegenüber einem Anderen immer bedeutet, dem vielzähligen und vielfältig Anderen auf unendlich viele andere Weisen verschlossen zu bleiben. Die Loslösung der „intimen Gemeinschaft“ aus der Gesellschaft ist eine Illusion, eine Illusion, der im besten Fall ein politischer Wert beigemessen werden kann: Im besten Fall unterbricht und suspendiert diese Loslösung den Lauf der Geschichte, um das eigene politische Handeln einer radikalen Selbstkritik zu unterziehen. Zielt es wirklich darauf ab, dem auf unendlich viele Weisen anderen Anderen gerecht zu werden?

Im Gegensatz zum moralischen Urteil, dem nur als Schauprozess ein politischer Wert zukommen kann, verliert jener selbstkritische Moment jeglichen Wert, wenn er in die Öffentlichkeit getragen wird, etwa in Form einer medienwirksamen Selbstkasteiung, eines wohlfeilen Schuldbekenntnisses gegenüber „unterprivilegierten“ Minderheiten. Was Levinas im Auge hat, ist weder ein Moralspektakel noch eine weltabgewandte moralische Selbstbespiegelung: Es ist die Infragestellung der eigenen Gesinnung, die durch eine künstliche und unhaltbare Isolation innerhalb der ökonomischen, sozialen und politischen Realität ermöglicht wird, durch einen Gesinnungsprozess, der dem politischen Schauprozess diametral entgegengesetzt ist. Das „intime“ Verhältnis zu einem Anderen, das alle anderen ausschließt, hat nur Sinn als Moment meines politischen Handelns, das ich in gerade diesem Augenblick infrage stelle: „Ich lebe nicht in einer Welt, in der es nur einen ‚ersten besten‘ gibt; es gibt immer einen Dritten, er ist auch mein Anderer, mein Nächster.“ [7] Für sich genommen ist daher nicht nur das moralische Urteil, sondern auch die Selbstkritik ungerecht: Wo sie nicht anderen, politischen Zwecken dient, wird sie zu einer abstrakten, moralischen Selbstbespiegelung, zu einer bloßen Nächstenliebe, der höchstens als Populärmetaphysik, als provisorischer Ersatz für den Gesinnungsprozess ein politischer Eigenwert zukommen kann.

Der ganze Bereich, der mit den Begriffen „gut“ und „böse“ umschrieben werden kann, erscheint hier als prekäre, künstliche Lichtung, die, kaum geschlagen, wieder von dem Urwald aus Beziehungen zu den abzählbar, aber unüberschaubar vielen, auf unendlich viele Weisen anderen Anderen verschlungen wird. Dem Anderen gerecht zu werden, hieße, allen zugleich und auf gleiche Weise gerecht zu werden, den Urwald so vollkommen zu entwirren, dass er nur noch aus vollkommen geraden und in stets gleichbleibendem Abstand wachsenden Bäumen bestünde. [8] Weil diese Vorstellung eines vollkommen gleichförmigen Waldes ebenso unhaltbar ist wie jene prekäre moralische Lichtung, weil die Annahme einer ethischen, gewaltfreien Beziehung immer eine gefährliche politische Illusion bleibt, kann die Gerechtigkeit für Levinas „kein anderes Ziel haben als die ökonomische Gleichheit“ [9] , als zumindest auf gleiche Weise ungerecht zu sein. Darin besteht für Levinas die Politik, die jenem „ethischen Moment“ vorangeht, von dem sie sich immer wieder infrage stellen lassen wollen muss, um selbst gerecht zu sein.

Michael Haneke, „Das Schloss“, 1997, Filmstill

Michael Haneke, „Das Schloss“, 1997, Filmstill

Die Rede vom Guten und vom Bösen bezeichnet mithin nichts, sie konstatiert niemandes Gesinnung – und dennoch kann sie einen politischen Sinn haben: als Geschichte, die den strengen, weil diesseitigen Kriterien, den Erfordernissen der konkreten ökonomischen, sozialen und politischen Situation genügt. Die Rede von der individuellen moralischen Schuld, vor der schon Marx so eindrücklich warnte, [10] mag in der einen oder anderen Situation ihren Sinn gehabt haben, heute scheint das endlose, empörte „Wie konnte er nur?“ einzig der moralischen Überhebung und Beruhigung liberaler Zeitungs­leser*innen zu dienen. In anderen Zeiten hätte vielleicht die Behauptung seines Ghostwriters, Trump sei „der am reinsten böse Mensch, den ich je getroffen habe“ [11] , eine mobilisierende Kraft gehabt, im sogenannten postfaktischen Zeitalter scheint sie einzig dem immer wieder diagnostizierten confirmation bias zu dienen. Doch nicht nur die moralische, auch die psychologisierende Erklärung des Bösen, wie sie in der Rede vom confirmation bias zum Ausdruck kommt, scheint heute jede Kraft verloren zu haben. Wie das Stanford-­Prison-Experiment [12] gehört sie jener Ordnung von populärwissenschaftlichen Erklärungen an, die in der Natur des Sozialen den Ursprung des Bösen erblicken; Erklärungen, die zwar jedem einleuchten und immer im Recht zu sein scheinen – und dennoch nichts erklären. Wie die moralische Perspektive macht die Erklärung bei einer unveränderlichen und geschichtslosen „Natur“ halt, bei einem Wesen, das sich allerdings nicht im einzelnen Individuum, sondern vielmehr in der Dynamik von Gruppen oder ganzen Gesellschaften realisiert, die noch den alltäglichsten, ängstlichsten und kleingeistigsten Menschen in ein Monster zu verwandeln imstande ist, sobald eine bestimmte organisatorische oder technologische Entwicklungsstufe erreicht ist. Diese selbst banale Version der Rede von der Banalität des Bösen beschreibt im besten Falle, wie sich Fake News verbreiten, wie der „einfache Mann“ zum Faschisten wird, nicht aber, warum. Im schlimmsten Falle verdeckt sie die tiefer liegenden Gründe für das Funktionieren und die Wirkmächtigkeit des sogenannten postfaktischen Diskurses und erklärt beispielsweise die Restauration der postkolonialen, extraktivistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung unter Bolsonaro zu einer bloßen technischen Panne, zu einem gescheiterten WhatsApp-Experiment.

Und doch, trotz allem, kann man auf die Rede vom Bösen nicht ganz verzichten. Und das nicht nur als politische Strategie. Bisweilen gelingt es ihr, das Unheimliche und Unbegreifliche zu sagen und den Prozess des Verstehens in Gang zu setzen, anstatt ihn abzubrechen. Hat man denn ein anderes Wort für das Beunruhigende all jener Versuche, das Morsche in der menschlichen Natur, in der Gesellschaft und im Recht aufzudecken? Wenn Kafka jenen „stillen Mann“ bei der Ankunft des Landvermessers K. an dem zeitlich und räumlich nicht zu lokalisierenden Ort der Handlung von Das Schloss wie zur Begrüßung sagen lässt: „Gastfreundlichkeit ist bei uns nicht Sitte, wir brauchen keine Gäste“ [13] , dann spricht er freilich nicht vom Bösen, noch weniger wird hier ein moralisches Urteil gefällt. Das Beunruhigende, das Unheimliche liegt oder lag eben darin, dass es trotzdem da ist, dass es trotzdem gesagt wird. Doch gerade dieses Unheimliche, in dem man gemeinhin den Wesenskern, das „Kafka­eske“ seines Werks vermutet, ist schlecht gealtert und hat seine beunruhigende Kraft verloren: Die Maquiladoras der halb fiktiven mexikanischen Stadt Santa Teresa aus Roberto Bolaños 2666 wirken heute beunruhigender als das unverort- und unbetretbare Schloss. Das Böse ist hier, in La parte de los crímenes (Der Teil von den Verbrechen), dem vierten Teil von Bolaños Hauptwerk, gleichzeitig konkreter und schwerer greifbar: Es entsteht nicht aus dem Wesen der Macht, sondern aus den konkreten ökonomischen und historischen Bedingungen, aus dem ausbeuterischen Kapitalismus der nordmexikanischen Grenzregion ebenso wie aus dem abgründigen Machismo, den Bolaño durch die grausame Bilanzierung der viel diskutierten Frauenmorde von Ciudad Juárez durchscheinen lässt. Es gibt keinen Mörder und kein Täterprofil, kein Motiv, kein Psychogramm und kein erkennbares System, nur die Auflistung der Taten, nur die nicht enden wollende Liste der toten Frauen – und all jene Frauen, „die nicht auf die Liste kamen oder die nie gefunden wurden, die man anonym in der Wüste verscharrt oder deren Asche man in tiefer Nacht verstreut hatte, wenn nicht einmal der, der sie verstreut, weiß, wo genau er sich befindet“ [14] . Das Böse bleibt unausgesprochen: Es erklärt nichts und es wird durch nichts erklärt. Bolaño sagt es als das, worauf die konkrete Analyse der ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Situation gerade deswegen abzielen muss, weil es sich entzieht. Ohne davon zu sprechen, sagt er das Unbegreifliche, das nicht nur das Verstehen antreibt, sondern auch die Selbstkritik, die den Prozess des Verstehens unterbricht und verhindert, dass dieser in eine reduktive und beruhigende Erklärung mündet.

Und die Moral von der Geschichte? Im Januar 2019 betrat nicht die Banalität des Bösen, sondern die gesamte Geschichte Brasiliens in Gestalt des neu gewählten Präsidenten Bolsonaro die Bühne des Davoser Forums: Keineswegs handelte es sich um eine wiederkehrende Panne, auf die man mit zynischer Gleichgültigkeit oder moralischer Empörung reagieren kann. Es handelte sich um das nächste Kapitel einer Geschichte, die so wenig den klassischen Entwicklungstheorien gehorcht, dass jede Veränderung, dass selbst die Unabhängigkeit und die Abschaffung der Sklaverei der Reproduktion und Stabilisierung einer Struktur zu dienen scheinen, die seit Jahrhunderten internationale Abhängigkeit und die innere Organisation einer Gesellschaft wechselseitig ineinander übersetzt.

Titelbild: Jair Bolsonaro und Donald Trump in Washington, 2018

Anmerkungen

[1]Olaf Gersemann/Holger Zschäpitz, „Brasiliens ‚Mini-Trump‘ verpatzt eine einmalige Chance“, in: Welt Online., 22.01.2019, (https://www.welt.de/wirtschaft/article187523506/Weltwirtschaftsforum-Jair-Bolsonaro-­verpatzt-seine-Chance-in-Davos.html).
[2]Hannah Arendt/Joachim Fest: Eichmann war von empörender Dummheit. Gespräche und Briefe, hg. v. Ursula Ludz/Thomas Wild, München 2011, S. 44.
[3]Hannah Arendt, Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen, übers. v. Brigitte Granzow, München 1986, S. 61.
[4]Immanuel Kant: „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“, in: Ders., Werkausgabe, hg. v. Wilhelm Weischedel, Bd. VIII, Frankfurt/M. 1982, S. 666.
[5]Ebd.
[6]Emmanuel Levinas: „Ich und Totalität“, in: Ders., Zwischen uns. Versuche über das Denken an den Anderen, übers. v. Frank Miething, München 1995, S. 24−55 [frz.: „Le Moi et la Totalité“, in: Ders., Entre nous, Paris 1991, S. 23−48].
[7]Emmanuel Levinas, „Philosophie, Gerechtigkeit und Liebe“, in: Ders., Zwischen uns, S. 132−153 [frz.: „Philosophie, ­Justice et Amour“, in: Ders., Entre nous, S. 113−131].
[8]Kants Lehre vom Politischen beruht auf der Annahme, dass der Mensch „aus so krummem Holze […] gemacht ist“, dass „nichts ganz Gerades“ daraus „gezimmert“ werden kann. Dennoch erzählt Kant eine allgemeine Menschheitsgeschichte, die hinter dem Rücken der Protagonisten, ganz unabhängig von ihren Taten und ihrer Gesinnung, die Menschen zu einem Wald vereint, in dem die einzelnen Bäume „einen schönen geraden Wuchs bekommen; statt dass die, welche in Freiheit und von einander abgesondert ihre Äste nach Wohlgefallen treiben, krüppelig, schief und krumm wachsen“. Immanuel Kant, „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“, in: Ders., Werkausgabe, Bd. XI, S. 33–50, hier: S. 40f.
[9]Emmanuel Levinas: „Ich und Totalität.“ S. 53 [frz.: „Le Moi et la Totalité.“ S. 46].
[10]Karl Marx, Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band, Marx-Engels-Werke, Bd. 23, Berlin 1989, S. 16.
[11]„Trump is the most purely evil human being I’ve ever met, and also the most insecure.“, https://www.reddit.com/r/politics/comments/d6ges4/im_tony_schwartz_and_i_ghostwrote_trump_the_art/.
[12]Das nachweislich gefälschte Stanford-Prison-Experiment diente über Jahrzehnte hinweg als ebenso populäre wie unsinnige Erklärung für das, was man gemeinhin unter der „Banalität des Bösen“ verstand: Es liege in jedem von uns und könne jederzeit durch eine „toxische“ soziale Situation hervorgekehrt werden. Tatsächlich war die beobachtete Grausamkeit der Wächter gegenüber den Häftlingen, die auf vielfältige Weise Eingang in die Popkultur und in das allgemeine Bewusstsein gefunden hat, ein Produkt weniger der Natur des Menschen als vielmehr der verkürzten Systemkritik des Versuchsleiters.
[13]Franz Kafka, Das Schloß, Originalfassung, Frankfurt/M. 2008, S. 22.
[14]Roberto Bolaño, 2666, übers. v. Christian Hansen, ­München 2009, S. 432.