Jana Euler
Great White Fear, Horizon (2019)
Angst ist ein Urgefühl, eine Instinktreaktion, die der Mensch mit den Tieren teilt. Angst vor dem Unbekannten, dem Monströsen, dem, was uns bedrohen kann, färbt unsere Vorstellungen von dem, was in der Tiefe des Meeres lauert. Beispielhaft dafür ist die Figur des Weißen Hais: Man begegnet ihm nur selten, doch in der öffentlichen Wahrnehmung ist er geradezu ein Symbol für Angst und Tod. In den acht Bildern ihrer neuen Serie „Great White Fear“ verwandelt Jana Euler diese furchteinflößendeKreatur in ein Bild der Angst, indem sie den drohenden Riesen der Tiefe menschliche Züge verleiht und aus ihren Gesichtern Verzweiflung und Panik sprechen lässt. Die Haie sind in dem Moment eingefangen, in dem sie die Wasseroberfläche durchstoßen, und stehen aufrecht vor einem tief gemalten Horizont; die wenig naturalistische Darstellung ihrer Rümpfe unterstreicht deren phallische Gestalt.Für diese Edition hat Euler die Haie mittels digitaler Manipulation weiter verzerrt und gespiegelt, was die überspitzte Darstellung der gemalten Bilder nochmals übertreibt. Die acht Einzelbilder samt digitalen Doubles sind in jedem Exemplar anders angeordnet; die Arbeit kann so oder so herum gehängt werden, je nachdem, was man lieber über der Wasseroberfläche sehen möchte und was als Spiegelbild erscheint. Durch die PVC-Spiegelfolie treten wir selbst in diese Welt der Angst ein. Glänzende Metallgegenstände (ob verspiegelt oder nicht) dienen bekanntlich als Köder, um Fische ihrem traurigen Schicksal zuzuführen. Angst, der Phallus, Verlockung, der narzisstische Blick – kann man sich ein klareres Porträt unserer Gegenwart vorstellen?