Vera Palme
CCTV (2025)
Neben der Geschichte der Malerei reflektiert Vera Palmes Praxis die Bedingungen, unter denen Bilder wirken und zirkulieren. Dabei macht sie disruptive Momente in Rezeptionsschleifen und Prozessen der Vervielfältigung produktiv. Als Ausgangsmaterial für ihre erste Edition für TEXTE ZUR KUNST wählte Palme Reproduktionen historischer Stillleben aus antiquarischen Katalogen, die sie zuvor als Referenzmaterial für ihre Ausstellung „Immer realistischere Malerei“ (2024) in der Galerie Buchholz genutzt hatte. Dort zeigte sie unter anderem zwei pastose pointillistische Malereien in Blauschimmelfarben, die auf Mahlzeitstillleben der flämischen Künstlerin Clara Peeters (1594–1636) rekurrieren. Für „CCTV“ hat Palme Reproduktionen verwandter Gemälde in ein mehrstufiges Verfahren eingespeist, dessen Resultat modular und multidimensional ist: Aus handgeschnittenen, kreisförmigen Bildfragmenten collagierte sie ein abstraktes, formal entfernt an löchrigen Käse erinnerndes und nahezu monochromes Motiv. Dessen Unschärfen, Rasterungen und farbige Akzente gehen auf disparate Druckqualitäten zurück und erzeugen eine Struktur, die sowohl mit dem 3D-Pointillismus von Palmes „Käsebildern“ korrespondiert als auch mit grundlegenden Herausforderungen von Rezeptions- und medialen Übersetzungsprozessen. Um die materialästhetische Erkundung letzterer weiterzutreiben, ließ Palme das Original als großformatigen Kunstdruck reproduzieren, der in unterschiedliche Bildausschnitte oder zum Objekt gefaltet werden kann. So öffnet sie das geschlossene Verfahren, auf das der Titel verweist, und bindet uns in einen unvollendeten Prozess ein: Besonders im Falz, der als integraler Bestandteil der Arbeit hervortritt, schreibt sich der Gebrauch mit jeder Faltung tiefer ins Motiv ein und erzählt von der Betrachtung als Akt des Entpackens.