Le Corbusier, "Algier, Gesamtansicht", 1930, Studie
Kreativität lässt sich längst nicht mehr als individuelle „Gabe“ begreifen,
wie dies gemeinhin für Künstlergenies konstatiert wurde. Vielmehr ist sie zu
einem universellen Wert geworden, der sich sogar auf ganze urbane Gefüge
anwenden lässt. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf, wenn – in Analogie
zu Kulturhauptstädten – weltweit Orte zu „UNESCO Citys of Design“ gekürt
werden.
Dieser Umstand gibt Anlass, die Entwicklung der Stadt in Hinblick auf
Gestaltungsprozesse einer Revision zu unterziehen. Wie wirkten sich
industrielle Modernisierungsakte auf die Raumerfahrung aus? In welchem
Verhältnis stehen „creative industries“ zu den Lebensbedingungen der
Konsumgesellschaft? Was kann Gestaltung in einer postfordistischen Ökonomie
leisten? Und wie steht es um den kritischen Anspruch, der sich in der Moderne
mit dem Begriff Design verband?
Im August 2005 wurde Buenos Aires zur ersten „UNESCO City of
Design“ gekürt. Im selben Jahr folgte wenige Monate später Berlin.
2006 wurde Montreal dieser Titel zugesprochen. Diese drei Städte
gehören zu einem von der UNESCO gegründeten Netzwerk der kreativen
Städte, dem „Creative City Network“, das als Initiative einer
„Global Alliance for Cultural diversity“ im Januar 2005 ins Leben
gerufen wurde: „The three current ‚City of Design‘ title
holders, all considered creative hubs, distinguish themselves with
policies and projects that valorize the role of design and their
efforts to promote social, urban and economic development. […] and
each has a reputation for creativity, innovation and quirkiness.“
Um als „Design City“ nominiert zu werden, müssen Städte
besondere Merkmale aufweisen: eine etablierte Designindustrie,
moderne Architektur, einen einzigartigen Typ von „urban design“,
herausragende Designschulen sowie regional und national bekannte
Künstler/innen und Designer/innen, die auf lokale Traditionen und
Materialien in ihrer Gestaltungspraxis zurückgreifen. Design Cities
zeichnen sich aus durch Messen, Events und Ausstellungen, die das
Thema Design aufgreifen. Und die „creative industry“ sollte vor
allem im Designbereich prosperieren. Die neue Allianz zwischen Design
und Stadt wird auch durch ein Ausstellungsprojekt des Londoner Design
Museums thematisiert: Sieben Städte werden hier als Nährboden Epoche
machender Designtraditionen vorgestellt. In der Presseerklärung zur
Ausstellung wird der Kurator Deyan Sudjic zitiert: „One fruitful way
to understand the development of design is to look how certain
cities, at specific moments in their histories, have moved the
practice of design on […]. It looks at what it was that made a
sequence of cities, at various moments, shift the direction taken by
design.“? Design ist zu einer privilegierten Praxis im Umgang mit
der postfordistischen Stadt geworden. Design ist im Spiel, wenn es um
die Revitalisierung bzw. Aufwertung städtischer öffentlicher Räume
und Architekturen geht. Ikonische Bauten, hochkarätige Museen und
Kulturereignisse sowie perfekt gestaltete öffentliche Plätze und
Parks gehören inzwischen zum Repertoire jeder städtetouristischen
Destination. Um Design geht es auch, wenn sich Städte als Standorte
der „creative industries“ global neu positionieren wollen. In der
Rede über die „Design City“ fällt auf, dass es hier nicht nur um
die ästhetische Ausstattung und kulturelle Aufwertung der Stadt in
designed spaces, und die damit verbundenen sozialräumlichen
Einschluss- und Exklusionsmechanismen geht, wie dies noch vielfach in
den Debatten zur „Event City“ der Fall war. Mit „Design City“
ist eine städtische Praxis angesprochen, in der Begriffe wie
Kreativität, Innovation und Dynamik eine herausragende Rolle spielen,
und die mit der Aufforderung an die Stadtbewohner zur permanenten
Selbstaktivierung verkoppelt ist. Der Begriff „Design City“ stellt
deshalb ein neues Verhältnis zwischen Stadt und Design dar und er
fordert zu einer Reflexion darüber auf, was Design und was Stadt in
diesem Zusammenhang jeweils meint. Hat sich Design in der Stadt heute
vollkommen von einer am Gebrauchswert orientierten Gestaltungspraxis,
die noch die Grundzüge des modernen Designs bestimmte, verabschiedet?
Und welchen Wandel im Stadtdiskurs zeigen die Bilder und Sprechweisen
über die „Design City“ an? Und schließlich: Wo wäre der Ort
einer kritischen Designpraxis in einer „Design City“?
Stadt der Ordnung und Funktion
Mit dem Durchbruch der Industriegesellschaft haben sich die
Bedingungen der Gestaltung der Stadt massiv verändert. So war mit
Industrialisierung, Beschleunigung, Elektrifizierung und Verkehr die
Stadt schon Ende des 19. Jahrhunderts in ein Kaleidoskop von
Raumpartikeln zerfallen. Die Erfahrung des Stadtraumes als Kontinuum
war nicht mehr möglich. Chaos, Unordnung, Zerfall, Anonymität und
Krankheit gehörten zu den Kritikfiguren, mit denen die moderne
Metropolis beschrieben wurde. Erinnert sei an Ludwig Klages, der
verachtend auf die „nackt und im vergossenen Blute kindlicher
Völker“ rauchende Großstadt sah. Oswald Spengler gerieten 1918 die
Probleme der großstädtischen Vermassung zum finalen Stadium des
Abendlandes schlechthin. Von der Gartenstadtidee inspirierte
Reformbewegungen stellten den Anfang einer Kette von neuen
Stadtentwürfen dar, die weniger in der Rückkehr zur Natur als
vielmehr in einer an den Bedingungen von Technik, Rationalisierung,
Wissenschaft und neuen Kommunikationsmitteln ausgerichteten
Stadtgestaltung den Schlüssel für die Überwindung der alten Stadt
vermuteten.
Dieses Neudenken privilegierte einen „panoramatischen“ Blick auf
die Stadt und übersetzte diesen in gebaute Realität entlang der
Verkehrs-adern und Transportwege. Exemplarisch für ein solches urban
design sind die Entwürfe Hannes Meyers, Ludwig Hilberseimers und Le
Corbusiers. Kritik an der „Concept City“ (Panu Lehtovuori), die es
Planern erlaubte, die komplexe und unvorhersehbare Realität des
Städtischen auszublenden und einen kontrollierbaren Raum zu schaffen,
ist vielfach geübt worden. K. Michael Hays hat in seinen
Reflexionen zu den Gestaltungsansätzen dieser Protagonisten jedoch
auf einige wichtige Prämissen von deren Praxis des urban design
hingewiesen: Schließlich hätten Hannes Meyer und auch Ludwig
Hilberseimer ein anderes Architektur- und Städtebaukonzept verfolgt,
das bewusst auf die traditionelle symbolische und repräsentative Form
der Architektur verzichtete. Massenproduktion, Kulturindustrie und
die neuen Kanäle der Kommunikation wie das Radio stellten ein
transformatorisches Potenzial dar, das zu einem neuen Raumkonzept
zwang. Hintergrund eines solchen Gestaltungsansatzes bot die Idee
vom „posthumanen Subjekt“ (K.M. Hays): der Abschied vom
Programm des ästhetisierten bürgerlichen Individualismus, das unter
den Bedingungen einer neuen Lebenswelt in Städten und Fabriken nicht
mehr aufrechtzuerhalten war. Die radikale Abkehr von der
Anthropologie des 19. Jahrhunderts gilt als essentieller Bestandteil
der Konzeptionen funktionalistischer Gestaltungsexperimente. So führt
in den Architektur- und Siedlungsentwürfen die Auflösung des
geschlossenen Baukörpers und dessen Behandlung als Element einer
Produktions- und Montagekette zu einer veränderten Erfahrung von
Raum. Die Offenheit und Unabgeschlossenheit des industriellen
Modernisierungsprozesses wird hier zum Strukturprinzip räumlicher
Gestaltung. K.M. Hays vermutet in den Architekturen von Meyer und
Hilberseimer die Intention, Architektur als Mittler einer neuen
Raumsozialisation zu entwerfen. Dieser, wie es Hays nennt,
„utilitarian turn“ favorisiert den Gebrauchswert.
Diese Wende zum Utilitarismus beansprucht eine Neukonzeption von
Architektur und Städtebau, weniger im Sinne eines Design-Objekts als
vielmehr im Sinne eines Kommunikationssystems, eines Programms, eines
Apparats zur Produktion von Ereignissen. Funktional gestaltete Dinge
und gebaute Anordnungen mit ihrem positiven Bezug auf die
egalisierende Macht der Technik galten in der Weimarer Republik als
Beitrag zum Abbau der Klassenunterschiede und der sozialen
Differenzen. Allerdings trafen die von sozialen Codes und Semiotiken
entlasteten, quasi klassenlosen Gegenstände auf die Bedürfnisse
einer neuen urbanen sozialen Gruppe, den Angestellten, und
befriedigten deren Suche nach Selbstausdruck. So hatte die
Weissenhofsiedlung in Stuttgart bereits diese besondere Zielgruppe
vor Augen: moderne Großstadtmenschen. Favorisierten solche
Designlösungen noch den durch die industrielle Logik produzierten
Stadtraum einer modernen Massengesellschaft, so büßten diese in der
Nachkriegsära vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und der
fordistischen Konsumgesellschaft bald ihre kritische Dimension ein.
Im Namen des Gebrauchswerts der Stadt wurde nun Kritik an den
unterkomplexen und reduktionistischen Planungen der Modernen geübt:
Die sozialtechnologischen Stadtentwürfe der Nachkriegsmoderne
gerieten in Konflikt mit den durch Wohlfahrtsstaat und
Konsumgesellschaft evozierten neuen Lebens- und Konsumbedürfnissen
der Vielen. Die gestaltlosen Ausdehnungen der Stadt in die Suburbia
boten für Robert Venturi und Denis Scott Brown den Ausgangspunkt,
darüber nachzudenken, wie Stadt in der Konsumgesellschaft
funktioniert. Sie haben die Mechanismen der automobilisierten
Stadtlandschaft in „Learning from Las Vegas“ einer genauen Analyse
unterzogen. Das symbolisch reiche und kommunikative System des Strip
mit seinen „dekorierten Schuppen“ und Reklamelandschaften diente
ihnen als Folie, vor deren Hintergrund sie den Purismus und die
Ordnungsfantasien der modernistischen Stadterneuerungsprogramme
kritisierten. Pop wird hier zum kritischen Impuls, der dem Alltag
des „common man“ zwischen Mall, Suburbia und Job als moderne
städtische Realität Geltung verschaffen will.
Hier trafen noch „High and Low“ solchermaßen aufeinander, dass
die „akademisch ausgetrocknete Moderne durch eine massenkulturelle
Vitalkur neu belebt werden sollte“. Auch die Situationisten nahmen
die aus ihrer Sicht totalitären Kontrollräume der städtebaulichen
Moderne zum Gegenstand einer radikalen Kritik: Kämpfe um Territorien
und Räume in der Stadt waren vor allem Kämpfe um soziale
Möglichkeiten individueller Raumaneignung. Schlüsselkategorie ihres
Ansatzes war die Situation vor Ort, zu der es eine veränderte
Beziehung zu gewinnen galt. Mit der Orientierung auf Situationen des
Alltags, also die performativen Aspekte der Stadt, verlagerten die
Situationisten die Bedeutungsebene der Stadt vom Objekt des Gebauten
zur Handlung in der Stadt. Damit verweigerten sie sich konsequent
einer physischen Gestaltung der Stadt. An die Stelle physischer
Interventionen setzten die Situationisten das „Derive“ als eine
Strategie der Untersuchung und Erfindung, „the terrain of experience
for the social space of the cities of the future“. Eine Opposition
von Design und Alltag bildete insofern die Geschäftsgrundlage der
Situationistischen Internationale.
An die Tradition dieser Auseinandersetzung um städtische Orte
knüpften dann auch Hausbesetzerszenen und Stadtteilbewegungen der
1970er und 1980er Jahre an. Was sie einte, war ein Insistieren auf
der Stadt als sozial produziertem Ort, einem Ergebnis konfliktreicher
Auseinandersetzungen unterschiedlicher sozialer Akteure um Bedeutung,
Funktion und Form der Stadt.
Bewegte Stadt
Vermutete Robert Venturi in dem semantisch reichen Strip von Las
Vegas noch ein Reservoir an neuen Möglichkeiten der Gestaltung
zwischen „High und Low“, so behauptet heute der
Architekturkritiker Werner Sewing für das zeitgenössische urban
design ein „No more learning from Las Vegas“. Die Synthese aus
Pop, Subkultur und Kommerz sei heute allgemeine Geschäftsgrundlage
gestalterischer Praxis geworden. Mit Blick auf neue Malls im Gewand
barocker Schlösser oder neoklassizistischer Fassaden spricht er sogar
von einer „Resemantisierung“. Angesichts der wachsenden
Aufspaltung in exkludierte Räume städtischer Armut und perfekt
gestaltete privat kontrollierte kommerzialisierte Konsumräume in der
postfordistischen Stadt muss sich die vom „Abstieg bedrohte
Mittelklasse der Versatzstücke der Hochkultur bedienen, um ihre
Aspirationen zu dokumentieren“. Hat der Pop also sein kritisches
Potenzial bei der Gestaltung der Stadt verloren? Aber auch der Bezug
zum Alltag scheint sich inzwischen kaum noch für eine kritische
Designpraxis im Umgang mit der postindustriellen Stadt zu eignen.
Vermehrt werden in den Publikationen zum urban design in den letzten
Jahren Strategien und Projekte diskutiert, die als Wende in der
Planungspraxis angekündigt werden: von der Dominanz des
Planungsraumes des Architekten hin zum Lebensraum der Bewohner. Neue
Strategien des gestalterischen Umgangs mit Stadt sind zu beobachten,
die eine Orientierung an der Situation vor Ort, am Alltag seiner
Bewohner auszeichnet, an der Art und Weise, wie Stadt hergestellt und
gelebt wird. Gerade Berlin gilt seit Anfang der neunziger Jahre als
ein Ort, an dem sich diese Trendwende gut beobachten lässt. Die Stadt
stellte mit ihrer vereinigungsbedingten offenen Struktur für die
räumlichen Besetzungspraktiken von Architekten, -Designern und
Künstlern ein Eldorado dar, ein Biotop, das im Zuge von
Wiedervereinigung, postindustriellem Strukturwandel und
Hauptstadtwerdung entstanden war.
Aus dem Zwischenzustand dieser noch nicht verwerteten Orte
generierten sie eine kommunikative Praxis, die die Potentialität
dieser Leerräume mit unterschiedlichen Strategien – alternativen
Kartierungen, Performances und temporären Interventionen –
betonte. „Der Akzent verschiebt sich auf die Stadt im Konjunktiv,
auf die Stadt in der Möglichkeitsform“, formuliert Urs Füssler in
der Zeitschrift archplus. Eine situative Praxis hatte sich
entwickelt, die nicht mehr darauf zielt, mentale Gegenwelten zu
entwerfen, sondern in ihnen nur noch ein Material für Situationen
erkennt, die anstiften zum Weiterdenken, zum Weiterplanen, zum
Fortschreiten. In zumeist ortsbezogenen Arbeiten, die oft als neuer
Situationismus bezeichnet werden, bevorzugen diese Akteure einen
subjektiven Zugang zur Stadt, der die Unmöglichkeit einer
objektivierten Raumproduktion und Raumdeutung zum Thema hat.
Hintergrund dieses Perspektivwechsels ist eine seit den 1990er Jahren
einsetzende Deregulierung städtischer Verhältnisse: Stadtentwicklung
liegt mehr und mehr in den Händen neuer global agierender
privatwirtschaftlicher Akteure, städtische Leistungen und Angebote
werden privatisiert, ein neues Modell der urban governance bildet
sich heraus, das eine Selbstaktivierung der Stadtbewohner einfordert.
Generell zeichnen sich die stadtpolitischen Konstellationen der
postindustriellen Metropolen durch einen Verlust an planerischen und
regulierenden Ansätzen aus, deren Thema noch die Stadt als Ganzes
war. In diesem Kontext agieren die „neuen Situationisten“ in einem
schwierigen Feld: Sie haben aus der Prekarität ihrer Profession in
Zeiten unternehmerischer Stadtpolitik, die es jungen Architekten und
Planern mehr und mehr verunmöglichte, im öffentlichen Auftrag Stadt
zu gestalten, eine Tugend gemacht. Auch wenn viele ihrer Arbeiten
implizit eine Kritik an den Gestaltungsbedingungen der
postindustriellen Stadt zum Gegenstand haben, ist die Präsenz solcher
Szenen inzwischen auch signifikanter Ausweis für die „Design
City“. Wird also der neue Situationismus lediglich funktionalisiert
und hat seinen gegenkulturellen Gestus verloren? Die neuen
gestalterischen Strategien im „Möglichkeitsraum Stadt“ verweisen
auf einen Wandel in der Art und Weise, wie Stadt verstanden wird:
Heute sind es vor allem die Dezentralisierungs- und
Auflösungsprozesse, die im Fokus der Neukonzeptionalisierung des
Städtischen stehen. Danach ist Stadt nicht mehr als ein geordnetes
Modell, als ein Container konzipiert und mit klaren Ordnungsmustern
belegt. Für die poststrukturalistisch inspirierte Stadttheorie lässt
sich die postindustrielle Stadtlandschaft nicht mehr als ein System
klarer Ordnung beschreiben. „Wurde noch die Industriestadt in dem
Modell der Netzstadt als ein Beziehungsgeflecht, bestehend aus
Zentrum, Peripherie und regionalen Einbindungen, beschrieben, wird
die postindustrielle Stadt als ein azentrisches heterogenes plurales
Netz gedacht, das weniger durch utopische Ordnungsbilder als durch
heterotopische Ordnungsräume gekennzeichnet ist.“? Lichtgestalt
dieser dynamisch verfassten Stadt sind die Kreativen. Bastian Lange
stellt in seiner Kritik an Richard Florida heraus, dass „die
Ernennung der Kreativen zu zentralen städtischen Problembewältigern
[…] der jüngste Versuch ist, Stadtentwicklung an neue
unternehmerische Trägergruppen und deren Imagewirkung zu koppeln“.
Dabei werden nicht nur die prekären Existenzbedingungen der
Trägergruppen ignoriert, sondern Fragen integrierter
Stadtentwicklung, gerechter Ressourcenverteilung und sozialer und
ökonomischer Existenzsicherung rücken bei dieser
zielgruppenorientierten Politik in weite Ferne. In der Rede über
„Design Cities“ erfährt man tatsächlich wenig über die vielen
kaum marktfähigen Nutzungen der Stadtbewohner. Eindrücklich konnte
man das im September 2005 in Buenos Aires erleben, als wie jeden
Freitagnachmittag das Heer der Arbeitslosen aus den Vorstädten die
von Bankentürmen dominierte Downtown eroberte. Bevor die Angestellten
die Gebäude verließen, nagelten sie die Transparenz verheißenden
gläsernen Eingangsbereiche mit Holzbrettern zu, aus Angst vor
Übergriffen. Diese „designed spaces“ eigneten sich wenig dazu,
die realen Konflikte um Raum in der „Design City“ Buenos Aires
auszuhalten.
Eine kritische Designpraxis sollte sich, wie das Jesko Fezer und
Matthias Heyden fordern, „vehement den Fragen des Zugangs und der
Verfügung über Raum“ widmen, um sich so der zunehmenden
Umklammerung einer Stadtpolitik zu widersetzen, die sich rein
privatwirtschaftlich am Leitbild der „Creative City“ ausrichtet.
Anmerkungen