Adrian Ghenie
The App 3 (2024)
Die klaren Linien der runden Kanten des schwarzen iPhones und die präzise rechteckige Rahmung des bildgefüllten Screens stehen in starkem Kontrast zur malerischen Behandlung der Hände, die das Gerät halten. Mit Rosa-, Lila-, Gelb-, Rot- und Brauntönen löst Adrian Ghenie deren Haut zu Fleisch auf. Besonders an den Umrissen der Finger tritt das Medium in den Vordergrund: Das mit schnellen Pinselbewegungen aufgetragene Blau des Hintergrunds überlagert stellenweise das Inkarnat, und die geschwungenen Konturen der Glieder wiederholen sich in wenigen Strichen auf dem Bildgrund. „The App 3“ kondensiert die Auseinandersetzung des Künstlers mit den Auswirkungen der Bildschirmtechnologien auf unsere Gegenwart. Nachdem Ghenie in seinen Gemälden, die ihn international bekannt machten, Figuren aus Geschichte und Kunstgeschichte dargestellt hatte, wandte er sich während der Pandemie, als der Schwellenzustand der Verbindung, in den uns unsere digitalen Geräte versetzen, besonders spürbar wurde, seinen Zeitgenoss*innen zu: immer in Kontakt, doch ohne Berührung. Als grundlegender Zustand unserer Zeit beeinflusst diese virtuelle Verbindung nicht nur unsere psychische, sondern auch unsere physische Disposition, die in historisch spezifischen Körperhaltungen zusammenfallen. Der gebeugte Screen-Swiper des 21. Jahrhunderts taucht in jüngeren Gemälden immer wieder auf, wenn auch manchmal nur als Fragment, wie in der „App“-Serie, aus der Ghenie diese Arbeit für seine erste TEXTE ZUR KUNST-Edition ausgewählt hat. Die Ansammlung menschlicher Silhouetten auf dem Bildschirm des Telefons – die an das Grid-Interface der Dating-App Grindr erinnern – werden zu einer Auswahl potenzieller Verbindungen, die nur einen Klick entfernt sind.