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Jeff Wall, “The Thinker”, 1986/2025

Jeff Wall

The Thinker (1986/2025)

Wie kaum eine andere zeitgenössische künstlerische Position hat Jeff Wall dazu beigetragen, die Farbfotografie als ein selbstreflexives Medium zu etablieren, das aktiv in einen Dialog mit der Kunstgeschichte tritt und gleichzeitig die spezifische Qualität bewahrt, ein breites Publikum anzusprechen. So auch in seiner zweiten ­Edition für TEXTE ZUR KUNST, „The Thinker“, die auf Walls gleichnamiger Arbeit von 1986 beruht und sich seit mehreren Jahrzehnten in der Sammlung Lothar Schirmer in München befindet: Auf einer Anhöhe mit Blick über Vancouver sitzt ein Mann in nachdenklicher Pose. Am tief liegenden Horizont ist die Skyline der Stadt zu erkennen, rechts der Industriehafen, durch Eisenbahnschienen mit ­Getreidesilos im Zentrum des Bildes verbunden. Dieses Panorama des sich in der Region vollziehenden Strukturwandels der Achtzigerjahre wie auch die einfache Kleidung des Mannes geben einen Hinweis darauf, dass es sich um einen Arbeiter handelt. Das Bild ist von einer für den Künstler charakteristischen Ambivalenz gekennzeichnet, die sich bei genauerem Hinsehen durch den im Rücken des ­Arbeiters steckenden Dolch und den Kontrast zu dessen Körperhaltung offenbart. Der Dolch erweitert den Bezugsrahmen über die in Körperhaltung und Titel referenzierte Bronzeskulptur von Auguste Rodin hinaus um den Entwurf einer Bauernsäule von Albrecht Dürer, mit dem dieser die Bauernrevolution von 1525 würdigte. Wall setzt so das Werk in Beziehung zu diesem Moment deutscher Geschichte. Die motivische Spannung erschöpft sich jedoch nicht in der Überblendung von Rodins heroischem, in Introspektion ­versunkenen Denker mit dem hinterrücks niedergestochenen Bauern zu einem, wie es der Künstler beschreibt, „imaginären, der Enttäuschung und dem Scheitern ­gewidmeten Monument“. Neben der präzis inszenierten Komposition ist es die dokumentarische Qualität der ­Fotografie, die sie zu einem Kommentar auf gesellschaftliche Verhältnisse macht.