Katharina Sieverding
Ohne Titel, 73/93 (1993)
Katharina Sieverding machte für Texte zur Kunst eine Photoarbeit, die Texte auf Kunst platziert und auch deshalb an die Situation bei der Lektüre einer Zeitschrift erinnert, weil sie sich wie ein aufgeschlagenens Buch in einem Raum befindet. Die sogenannten "Selbstporträts" von Sieverding erzeugen immer wieder den Reflex, dass sich die Betrachter auf das Selbst und seine Darstellung, auf individuelle Züge konzentrieren. Dabei ist dieses Selbst gerade in der vorliegenden Arbeit deutlich von Strukturen und Sprache durchzogen, was seine Isolierung und Individualisierung unmöglich macht. Dennoch ist es Sieverdings Gesicht, mit dem sich Identität nicht abschaffen oder pluralisieren lässt. Die zwei Gesichter bieten eine Fläche, in die sich "Geistesleben", "Wirtschaftsleben" und "Rechtsleben" einschreiben, Institutionen, die Raum beanspruchen und sowohl individuelle Effekte erzeugen als auch von den Wünschen der Individuen geprägt sind.