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Fotografie mit anderen Mitteln

07.03-10.05.09 / Picturing America: Photorealism in the 1970s /
Deutsche Guggenheim Berlin

Beeindruckend und noch einmal beeindruckend. Alle paar Jahre wieder taucht da diese leise Neugier auf, noch mal Nachzuschauen beim Fotorealismus, ob sich nicht doch etwas in der Wahrnehmung grundlegend zum Besseren verschoben hat. Vielleicht wurde eben Jahrzehnte lang das entscheidende Etwas übersehen. Robert Bechtle hat 1963 das erste sogenannte fotorealistische Bild gemalt. Auf den ersten Blick sind diese Bilder immer wieder imposant. Nur der zweite Blick bleibt nach wie vor im ersten stecken. Man kommt da nicht weiter außer dieser beträchtlich hübschen Blendung, wowwh, sieht wirklich aus wie echter Fotoschmelz. Man klopft an eine Tür, die geht auch freundlich lächelnd auf, nur dass dahinter wieder nur eine weitere Tür vor sich hin grinst und so fort. Beim dritten Blick bemerkt man schon genauer, wo wie was in harter Stundenarbeit auch nur dreiviertel gekonnt hin gemurkelt wurde. Soviel technische Fertigkeit und Können braucht eigentlich keine Kunst. Irgendwie so, als ob alle Partnerporen einzeln nacheinander berühren muss, damit der Orgasmus auch wirklich klappt. Da atmet sofort auch das Bewertungsdilemma erleichtert auf. Andersrum: die zeitgenössische Fotokunst müsste sich bei diesen Fleißextremisten wirklich mal ordentlich bedanken. Letztlich wurde die museale Akzeptanz der repräsentativen XXL-Fotografie, wenn auch unbeabsichtigt, durch diese fotorealistischen Positionen entscheidend mit vorbereitet.

John Blackwell, Richard Estes


Im ersten Raum der Ausstellung hängen die Ausstellungstücke mit den höchsten maltechnischen Schwierigkeitsgraden. Die Spiegelung der Spiegelung in einer Spiegelung der Spiegelung. Ausgehend von einer polierten Radkappe oder über Bande von blitzblank geputzten Chrom-Telefonzellen bieten diese raffinierten Ineinanderblendungen am ehesten noch übersehene inhaltliche Relevanzmomente. Wie kann man aus einem bestimmten Blickwinkel, mindestens zwei, drei Geschehen im selben Moment verfolgen und einfangen. Simultanität, die beschleunigte Malfläche und gesteigerte Bildkomplexität sind Stichworte, die auch Futurismus und Kubismus mit anderem Stilinstrumentarium bearbeitet haben. Diese virtuosen hyperrealen Spiegelfechtereien lassen sich etwas bemüht auch als eine Art runter gekochter Kommentar zu den bahnbrechenden, exaltierten Stilkonvoluten der Frühmoderne lesen. Schaut her, es geht auch, ohne die neu erweiterten Wahrnehmungswelten immer in solch asymmetrische Kreuzworträtselgebilde verhackstücken zu müssen. Sah ja ohnehin immer leicht unschön aus.